Klinisches Erscheinungsbild — Venöse Malformation

Eine gründliche Anamnese und eine eingehende körperliche Untersuchung sind unerlässlich, um die jeweilige Ausprägung der venösen Malformation (VM) zu erfassen. Erfragt wird, wann Auffälligkeiten erstmalig aufgetreten sind und wie sich diese im Laufe der Jahre oder durch vorangegangene Behandlungen verändert haben. Verfärbungen der Haut, prominente sichtbare Gefäße und umschriebene Schwellungen können vereinzelt oder gemeinsam auftreten. Eltern kennen die Körperoberfläche Ihrer Kinder in aller Regel sehr gut, sodass sie Zeit zur Berichterstattung bekommen sollen. Neben dem Aussehen spielen noch die Funktion und das Schmerzbild eine wesentliche Rolle, um das ganz individuelle Krankheitsbild zu verstehen. So soll nach den Aktivitäten im Alltag wie Spielen, Rennen, Schreiben gefragt werden. Vermeidet das Kind bestimmte Bewegungen oder verhält es sich in der Schule oder beim Sport wie die Gleichaltrigen? Gezielt wird nach Beschwerden am betroffenen Körperteil gefragt. Dauer, Häufigkeit, Art und Intensität der Schmerzen sollten eruiert und dokumentiert werden. Plötzlich einsetzende, scharfe und starke Schmerzen, die wenige Tage dauern, sprechen für eine Thrombophlebitis in der venösen Malformation. Ein rezidivierender und dumpfer Spannungsschmerz deutet eher auf eine Kongestion der unreifen Gefäßareale hin. Häufigkeit und Intensität des Schmerzes (auf einer Skala 1–10) sind zu erfragen. Dies ist wichtig zur Indikationsstellung der invasiven Behandlung.

Die körperliche Untersuchung beginnt mit der Inspektion der Haut, wodurch die Längenausdehnung der venösen Malformation erfasst wird. Irregulär geformte, erweiterte und bläuliche Gefäße schimmern in oder durch die Haut.

Deren Durchmesser beträgt 1 bis 30 mm und ist von der Körperlage abhängig. An der herabhängenden Extremität füllen sie sich stark auf. Eine venöse Malformation an der Stirn wird beispielsweise besonders beim Kopfüberbeugen prominent. Diese Gefäße sind in aller Regel weich, komprimierbar und nicht schmerzhaft. Anders ist der Befund bei der Thrombophlebitis: dann ist die Palpation schmerzhaft und das Gefäß induriert.

Ein Feuermal (kapilläre Malformation) wird häufig beobachtet, wobei es sich dann um eine kombinierte kapillär-venöse Malformation handelt (CVM). Die Ausbreitung des Feuermals deckt sich in der Regel mit der Ausdehnung der VM in tieferen Gewebeschichten.

Beachtung sollen auch Körperhaltung und Bewegungsablauf erhalten. Tieferliegende VM in Gelenknähe verursachen Schmerzen bei Bewegung und zwingen zur Schonung der betroffenen Extremität. Das Bein, welches häufig spontan hochgelagert wird, hat schmerzhafte Weichteile oder Gelenke. Venöse Malformationen in der Subkutis sind dabei selten die Ursache für bewegungs- und belastungsabhängige Beschwerden. In solchen Fällen sind subfaszial gelegene, intramuskulär gelegene VM-Anteile für Schmerz und Funktionseinschränkung verantwortlich. Bei Hochlagerung einer betroffenen Extremität nimmt diese durch das auslaufende Blut oft stark an Volumen ab.

Wichtig ist auch immer der Längen- und Umfangsvergleich mit der Gegenseite. Unterschiedliche Umfänge können durch voluminöse venöse Malformationen, durch eine zusätzliche lymphatische Malformation, aber auch durch einen partiellen Minder- oder Riesenwuchs des Weichteilgewebes bedingt sein. Nimmt der Umfang eines Armes oder Beines durch Hochlagerung ab, so liegt vermutlich eine ausgedehnte venöse Malformation subkutan und subfaszial vor. Durch eine akkurate klinische Untersuchung der Subkutis und der darunterliegenden Muskulatur kann in aller Regel die Ursache für den Umfangunterschied ermittelt werden.

Durch Palpation betroffener Areale lassen sich eine Überwärmung sowie ein Schwirren erkennen. Beide Merkmale deuten nicht auf eine venöse Malformation, sondern auf eine arteriovenöse Malformation als fast-flow-Malformation hin. Die sichtbaren, prominenten Venen sind in diesem Fall nicht unreife Gefäßformen sondern regelrechte Venen, die durch den vermehrten Blutfluss und Blutdruck (arteriovenöse Shunts) hyperplastisch geworden sind. Im Unterschied zur venösen Malformation ist die Gefäßwand kräftig und die Form eher regulär und tubulär.

Der erhobene körperliche Befund soll kritisch mit Schmerzen und Funktionsausfällen abgeglichen werden. Der betreuende Arzt überlegt, welche Veränderungen für die Beschwerden verantwortlich sein können. Die einzigartige individuelle Ausprägung einer VM soll zunächst anhand des klinischen Erscheinungsbildes erfasst werden. Erst dann können eine angemessene apparative Diagnostik und Therapie geplant und veranlasst werden.