Kapitel: Sprechstunde
Artikel: 2 von 12
Update: 2020/08/25
Autor/en: Wohlgemuth, Walter A.
Durch erhöhten Gewebedruck in pathologischen venösen und lymphatischen Gefäßen, gerade der unteren Extremität, kommt es zu einem meist belastungsabhängigen, abends und mit starker körperlicher Belastung zunehmenden Druckgefühl und Spannungsgefühl im betroffenen Bein (v. a. der Wade und dem Fuß).
Dieser erhöhte Gewebedruck, meist durch eine chronisch venöse Hypertonie beziehungsweise chronisch venöse Insuffizienz, ist bei den meisten Menschen durch chronische Venenerkrankungen verursacht. Krampfadern (Varizen) sind ein häufiges Begleitsymptom, da die Venenwände an der Oberfläche der Beine dem erhöhten Venendruck nicht standhalten und sich damit die Venen erweitern. Ähnliches gilt für Patienten mit Lymphödem, da hier die vermehrte Gewebeflüssigkeit der Lymphe nicht ausreichend abtransportiert wird und im Bein verbleibt. Damit steigt der Gewebedruck, es kommt zum Schweregefühl beziehungsweise Druckgefühl oder Spannungsgefühl, das sich bei längerem Stehen oder Sitzen ohne Bewegung bis zum Schmerz steigern kann.
Der Druck der Flüssigkeit nimmt dabei durch den hydrostatischen Druck im Stehen von oben nach unten zu den Füßen hin zu. Dies ist vergleichbar mit einer Wassersäule, also einem aufrecht stehenden mit Wasser gefüllten Rohr. Hier nimmt der Druck der Schwerkraft entsprechend von oben nach unten zu. Daher ist das Schweregefühl und Druckgefühl am stärksten in den Füßen und Waden zu spüren, weniger am Oberschenkel.
Die therapeutischen Prinzipien gelten dabei sowohl für Patienten mit klassischem, sekundärem Venenhochdruck als auch mit Lymphhochdruck. Patienten mit erhöhtem Gewebedruck aufgrund pathologischer Gefäßveränderungen, gerade an den unteren Extremitäten, können durch Kompression, Hochlagerung und intermittierende Bewegung eine deutliche Entlastung des Druckgefühls und Spannungsgefühls und der vor allem abendlichen und belastungsabhängigen Schmerzen erfahren.
Dies gilt vor allem für Patienten mit mit venösen und lymphatischen Malformationen.
Typisch hierfür ist die bei körperlicher Belastung und langem Stehen oder langem, unbeweglichen Sitzen langsam zunehmende Symptomatik, vor allem gegen Abend und bei hoher körperlicher Beanspruchung und Stress. Durch ein hochdruckbedingtes Gewebeödem kann hier eine zunehmende abendliche Schwellung insbesondere am Unterschenkel, Sprunggelenk und Fuß resultieren. Schließlich finden sich Hautzeichen der chronisch venösen Insuffizienz.
Vermeidung von längeren Perioden des unbeweglichen Sitzens und Stehens (fast immer beruflich bedingt) ohne jede Bewegung ist hier notwendig. Praktisch heißt dies, nicht länger als 15 bis 20 Minuten bewegungslos zu sitzen oder zu stehen. Dabei die Position regelmäßig zu verändern und vor allem auch einmal kurz für 1 bis 2 Minuten laufen und sich erst danach wieder hinsetzen.
Intermittierendes Hochlagern der betroffenen Extremität ist gerade bei Computer- und Büroarbeit ebenfalls hilfreich, da es den Gefäßdruck in der Extremität vermindert. Dies ist besonders hilfreich bei venösen Malformationen, da die prall gefüllten Venenräume bei Hochlagerung (Druckentlastung) leichter auslaufen können. Praktisch also, im Falle einer sitzenden Tätigkeit, immer wieder zwischendrin das betroffenen Bein auf einem Stuhl hochlagern oder den betroffenen Arm für eine gewisse Zeit über dem Kopf ablagern.
Video: Hoher venöser Druck innerhalb einer venösen Malformation. Der hohe Druck ist sichtbar durch den schnellen Blutaustritt bei Direktpunktion aus einer Punktionsnadel vor einer minimalinvasiven Therapie. © Wohlgemuth
Vermeidung von Perioden von sehr starker körperlicher Aktivität (schnelles Rennen) oder sehr lange durchgeführter mittelstarker Aktivität (langes Joggen) in Phasen eines hohen Gewebedrucks ist hilfreich. Lange Spaziergänge können dagegen durchaus förderlich sein, da durch die Muskelpumpe insbesondere vermehrte Lymphe und Ödeme an der unteren Extremität besser abtransportiert werden und die Beinvenen ausgepumpt werden. In symptomarmen Zeiten, in denen es den Betroffenen gut geht, ist auch starke körperliche Belastung grundsätzlich möglich.
Das wichtigste Element stellt aber die adäquate Kompressionstherapie dar. Die Kompressionsware führt zur Anlage eines Gegendrucks von außen gegen das Bein. Damit wird der Abstransport von Blut und Gewebeflüssigkeit wie Lymphe nach zentral gefördert und der Druck erniedrigt. Die Beine schwellen weniger an, die Stehzeit verlängert sich und die oberflächlichen Gefäße erweitern sich nicht mehr so stark. Auch ein Teil der Hautveränderungen kann damit zurückgebildet werden.
Auch eine gute Kontrolle des Körpergewichts ist hier wichtig. Je höher das Körpergewicht, desto höher ist der Gewebedruck in den Beinen. Alleine eine Gewichtsabnahme kann hier förderlich sein.
In schweren Fällen ist jedoch die Sanierung des zugrundeliegenden Gefäßfehlers notwendig.