Orthopädisch operative Therapie bei Gefäßmalformationen

  • Kapitel: Orthopädische Probleme bei Gefäßmalformationen

    Artikel: 8 von 9

    Update: 2020/03/05

  • Autor/en: Kertai, Michael Amir

Patient

Patienten mit Gefäßanomalien sind erfahrungsgemäß prinzipiell als chronische Schmerzpatienten einzuschätzen. Ihre Beschwerden sind in diesem Kontext zu bewerten.

So können beispielsweise Schmerzen im Bereich der Füße auf eine Fehlbelastung durch eine bestehende Kontraktur, eine Thrombophlebitis im Bereich der Gefäßanomalie oder auf ein komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) hindeuten. Oft handelt es sich um eine Kombination aller Faktoren.

Dies muss stets individuell bewertet und gemeinsam mit dem Patienten das Ziel der operativen Therapie festgelegt werden, da ja eine definitive Ausheilung in den meisten Fällen nicht möglich ist.

Desweiteren wird die betroffene Körperstelle von den Patienten häufig als minderwertig betrachtet. Dies führt z. B. im Bereich der Beine dazu, dass operativen Eingriffen im Bereich der betroffenen Extremität meist zugestimmt wird, der gleiche Eingriff an der „gesunden“ Seite aber abgelehnt wird. Dies kann bei Beinlängendifferenzen relevant werden, wenn die nicht betroffene Seite im Wachstum gebremst werden soll.

Operation

Vor einem operativen Eingriff im Bereich der Gefäßanomalie sollten die Möglichkeiten der interventionellen Therapie voll ausgeschöpft werden, um das Blutungsrisiko zu minimieren.

Ebenso muss eine Gerinnungsdiagnostik und -anamnese durchgeführt werden, da viele Patienten mit großvolumigen venösen Malformationen an einer Verbrauchskoagulopathie leiden.

An den Extremitäten ist die Verwendung einer Blutleere zu empfehlen. Insbesondere bei venösen und kapillären Malformationen ist eine chirurgische Blutstillung, wie man sie sonst gewohnt ist, praktisch aussichtslos. In solchen Fällen ist die Durchführung der Operation unter Blutleere und die Koagulation der größten atypischen Gefäße zu empfehlen. Die Blutung nach Öffnung der Blutsperre kann durch Kompressionsverbände gestoppt werden. In Ausnahmefällen werden gerinnungsunterstützende Medikamente, die in die Wunde eingebracht werden können, verwendet. Diese sollten auf jeden Fall bereit liegen.

Nachbehandlung

Die meisten Patienten mit Gefäßanomalien tragen an den betroffenen Extremitäten Kompressionsware. Diese kann häufig schmerz- und schwellungsbedingt nach dem Eingriff durch die Veränderung des Umfangs zunächst nicht verwendet werden. Um Thrombophlebitiden und Ödemen vorzubeugen können alternativ elastische Wickelungen vorübergehend verwendet werden.

Postoperativ benötigen alle Patienten, unabhängig vom Alter, eine Antikoagulation bis die volle Mobilität wieder erreicht ist.

Fazit

Patienten mit Gefäßanomalien zu behandeln kann schwierig und frustrierend sein. Komplikationen kommen wesentlich häufiger vor, als beim üblichen Patientenkollektiv und es kann nur selten eine vollständige Heilung erreicht werden.

Man muss sich bei Beginn der Therapie auf einen langen Verlauf, teils mit Wiederholungen und Modifikationen der Eingriffe, einstellen. Die prä- und postoperative Organisation, Diagnostik und Therapie sind aufwändig. Und auch intraoperativ kann es sehr anspruchsvoll sein. Eine Z-förmige Achillessehnenverlängerung ist normalerweise für einen orthopädisch tätigen Chirurgen pure Routine; ist die Achillessehne jedoch von Gefäßen umgeben, die teils den Durchmesser der Sehne selbst übersteigen, ist es mit der Routine vorbei.

Auf der anderen Seite treffen diese Patienten bei ihren Arztbesuchen häufig auf Unkenntnis und Unwillen, sodass sie dankbar sind, einen Chirurgen zu treffen, der sich ihrer Problematik annimmt und sind meist gerne bereit, den langen und oft geschlängelten Weg mit einem zu gehen.