Grundlagen invasiver Therapie

Hauptziel ist zunächst die Linderung der durch die Gefäßanomalie verursachten Beschwerden sowie die Vermeidung von Funktionseinschränkungen und Spätkomplikationen. Sollte eine konservative Therapie alleine nicht erfolgreich sein, muss bei der Wahl der invasiven Therapie immer zwischen dem zu erwartenden Nutzen und Erfolg des Verfahrens gegenüber den möglichen Risiken und Nebenwirkungen der Prozedur abgewogen werden. Das Spektrum der invasiven Therapiemaßnahmen ist enorm und bedarf einer hohen Spezialisierung. Eine interdisziplinäre Abstimmung ist unumgänglich. Eine vollständige Ausschaltung oder Entfernung einer Gefäßanomalie ist oft nicht möglich, die Symptome oder künftige Komplikationen können jedoch meist gelindert oder ganz verhindert werden.

Vorgehen

Vor Beginn einer invasiven Therapie sollte zunächst noch einmal festgestellt werden ob die genaue Diagnose einer Gefäßmalformation korrekt ist (ISSVA-Klassifikation). Komplexe Fälle sollten daher in einer interdisziplinären Konferenz individuell besprochen werden. Auch ein kombiniertes Vorgehen unter Anwendung von verschiedenen Verfahren kann im Rahmen einer solchen Konferenz abgestimmt werden.

Es empfiehlt sich außerdem alle Patienten vor und nach einer Therapie über eine spezielle Sprechstunde für Gefäßanomalien anzubinden. Des Weiteren ist es wichtig vorher nochmals zu überprüfen, ob auch alle konservativen Therapiemaßnahmen voll ausgeschöpft wurden.

In aller Regel handelt es sich bis auf wenige Ausnahmen um planbare, elektive Eingriffe die auch eine längere Wartezeit ermöglichen. Hierfür müssen vor allem die Dauer des Krankenhausaufenthaltes und auch die der Erholungsphase nach der Intervention berücksichtigt werden. Neben dem ausführlichen informativen, verständlichen Patientengespräch über Sinn, Alternativen (insbesondere im Vergleich der invasiven Verfahren und einer rein konservativen Therapie), Vorgehen und Risiken des Eingriffes sollte eine Einwilligungserklärung am Vortag der Intervention unterzeichnet werden.

Im Vorfeld ist außerdem zu klären, ob der Eingriff in Sedierung oder Intubationsnarkose (ITN) durchzuführen ist. Hier ist die Abstimmung mit der Anästhesie in einer Prämedikationsvisite notwendig, da eventuell zusätzliche Untersuchungen oder Vorkehrungen zur Narkose notwendig werden.

Wichtig ist zu verstehen, dass angesichts der Ausdehnung einer Gefäßanomalie oft ein schrittweises, mehrfaches Vorgehen notwendig ist. Die Problematik kann meistens nicht in einem einzigen Eingriff gelöst werden, da dieser sonst zu risiko- oder nebenwirkungsreich wäre. Die optimale Risiko-Nutzenabwägung für einen Eingriffsschritt erfordert Geduld bei Patient und Arzt sowie einen klaren, abgesprochenen Therapieplan über lange Zeiträume.

Alternativen

Grundsätzlich ist vor jeder invasiven Therapie abzuklären, ob das Spektrum der nichtinvasiven Therapieverfahren bereits voll ausgeschöpft wurde. Zu den konservativen Therapieverfahren zählen z. B. die medikamentöse Therapie und die Kompressionstherapie.

Die Vielzahl der hier angeführten möglichen minimal-invasiven und offen operativen Eingriffe, ist jeweils in einer bestimmten Befundkonstellation optimal indiziert. Ein interdisziplinäres Zentrum, das alle alternativen Therapieverfahren anbietet, bietet hier Vorteile bei der Anwendung der besten Therapiemöglichkeit eines Patienten und vermeidet die inadäquate Selektion eines einzigen Therapieverfahrens (nach dem Motto: „Habe Hammer, suche Nagel“).

Komplikationen

Die Spannbreite der möglichen Komplikationen reicht je nach Therapieverfahren von vorübergehenden Erscheinungen bis zu seltenen lebensbedrohlichen Krankheitsbildern. Die therapiespezifischen Komplikationen werden in den folgenden Kapiteln detaillierter vorgestellt.

Der Hauptunterschied der verschieden invasiven Verfahren liegt v. a. in der tatsächlichen Invasivität. Gegenüber den offenen chirurgischen Verfahren sind die interventionellen Verfahren wie beispielsweise die Sklerotherapie oder Embolisation minimal-invasiv. Dies bedeutet, dass der Eingriff nicht über einen offen operativen Zugang (Schnitt), sondern über einen oder mehrere kleine perkutane Zugänge (mittels Nadeln, Schleusen oder Katheter) durchgeführt werden kann. Umliegende gesunde Strukturen werden dadurch in aller Regel besser geschont.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Komplikationen bei minimal-invasiven Verfahren nur gering sein können. Auch bei diesen Verfahren können schwere, auch lebensbedrohliche Konsequenzen auftreten.

Die Gefäßmalformation als solches wird bei den interventionellen Verfahren allerdings meist nicht entfernt. Vielmehr führt der gezielte interventionelle Verschluss der Gefäßmalformation durch hämodynamische und strukturelle Veränderungen zu einer Reduktion der Symptome. Offene Operationen können die Gefäßanomalie in manchen Fällen ganz beseitigen, sind aber oft wegen der Ausdehnung, der Blutungsgefahr oder aus technischen Gründen nicht radikal durchführbar. Sie werden kompetent vor allem an Zentren durchgeführt und erfordern ebenfalls hohe Expertise und Erfahrung.

Generell werden an interdisziplinären Zentren in Abwägung von Erfolg, Nutzen, Risiko und Nebenwirkungen heute die weit überwiegende Anzahl der Eingriffe minimalinvasiv durchgeführt.