Autor/en: Wohlgemuth, Walter A.
Autor/en: Wohlgemuth, Walter A.
31-jähriger Patient mit schmerzhafter, pulsierender, überwärmter Raumforderung an der linken Wange, entsprechend eines Rezidivs einer mehrfach vorembolisierten und voroperierten arteriovenösen Malformation (AVM). Die darüber liegende Haut ist rötlich dyskoloriert.
Typisches Bild der darüberliegenden Haut mit beginnender Infiltration der Kutis durch die AVM und großer, zunehmender Raumforderung. Neben der flächigen Rötung sind multiple kleine Teleangiektasien sichtbar, die durch den hohen venösen Druck aufgrund der arteriovenösen Fisteln entstehen. Alte Narbe nach vorausgegangener unvollständiger Resektion.
Axiale, T2-gewichtete MRT auf Höhe der Wange zeigt die AVM relativ hyperintens mit Ödem des Gewebes und Ausdehnung bis zum linken Unterkiefer. Im rostralen Abschnitt auch einige schwarze flow-voids durch stark durchblutete Arterien innerhalb der AVM.
Die koronare, fettunterdrückte T1-gewichtete MRT nach Kontrastmittelgabe zeigt das inhomogene deutliche Enhancement der AVM, das typisch ist für eine AVM im Stadium der Proliferation (entsprechend der schnellen klinischen Vergrößerung) und gut mit dem Ödem in den T2-gewichteten Aufnahmen korreliert.
Koronare, T2-gewichtete, fettgesättigte MRT mit Ödem innerhalb der AVM sowie gut sichtbaren flow-voids durch die enthaltenen Arterien mit hohem Durchfluss.
Inhomogenes, vor allem peripheres Enhancement der proliferierenden AVM in dieser axialen fettunterdrückten T1-gewichteten MRT nach Kontrastmittelgabe. Keine abgrenzbare, eigentlich solide Komponente, anders als bei einem echten vaskulären Tumor.
Laterale Ansicht einer digitalen Subtraktionsangiographie nach Injektion in die linke Arteria carotis externa. Die AVM ist als diffuser, netzartiger Nidus mit direktem, starken venösen Abstrom zentral in der linken Wange erkennbar (Fast-flow-Malformation).
Laterale Ansicht, DSA nach Anspritzen der linken Arteria carotis interna. Auch aus der Arteria carotis interna erfolgt eine massive Versorgung des Nidus der AVM, vor allem über die Arteria ophthalmica und den Truncus meningohypophysealis.
Dies erschwert die Embolisationstherapie erheblich.
DSA, anterior-posteriore Ansicht, nach Anspritzen der rechten A. carotis communis. Auch aus der kontralateralen rechten A. carotis externa und A. facialis rechts wird der Nidus der AVM an der linken Wange gespeist.
Direkte perkutane Punktion des Nidus mit einer Nadel und Durchführung einer DSA. Damit Kontrolle der korrekten Lage der Nadelspitze vor Embolisation mittels Ethylen-Vinyl Alkohol-Kopolymer in Direktpunktionstechnik.
Erneute Direktpunktion des Nidus und DSA zur Überprüfung der Nadellage.
Langsames, direktes Auffüllen des Nidus und der abführenden Venen mittels Ethylen-Vinyl Alkohol-Kopolymer (EVOH) in Roadmap-Technik. Bereits vorinjeziertes EVOH wird in dieser Technik wegsubtrahiert und ist nur in Umrissen erkennbar.
Auffüllung des gesamten Nidus der AVM mittels Ethylen-Vinyl Alkohol-Kopolymer, das in dem hier dargestellten Röntgenbild (a.-p.) als schwarzer, netzartiger röntgendichter Ausguss (sogenannter Cast) innerhalb der verschlossenen AVM-Gefäße sichtbar wird.
Auffüllung des gesamten Nidus der AVM mittels Ethylen-Vinyl-Alkohol-Kopolymer, das in dem hier dargestellten Röntgenbild (seitliche Ansicht) als schwarzer, netzartiger röntgendichter Ausguss (sogenannter Cast) innerhalb der verschlossenen AVM-Gefäße sichtbar wird.
In der Spätphase der DSA (laterale Ansicht) über die linke A. carotis interna. Nach erfolgreicher mehrfacher Embolisation ist auch die Versorgung des Nidus der AVM über diese kritischen Äste verschlossen und die A. ophtalmica erhalten.
Durch die ausgedehnte Embolisation kommt es eine Woche nach der letzten Embolisation zu einer kleinen Schleimhautwunde an der linken Unterlippe. Hieraus tritt ein kleines Stück des Embolisats Ethylen-Vinyl-Alkohol-Kopolymer heraus. Die Wunde heilt nach 3 Wochen ohne Komplikationen ab. Ansonsten treten keine Hautnekrosen oder Ischämien auf, der N. facialis ist erhalten.
Intraoperatives Bild des Situs während der Resektion des verschlossenen Nidus (Prof. Reichart, Uniklinikum Regensburg). Schrittweise mikrochirurgische Präparation des vollständig embolisierten Nidus, der die gesamte Wange durchsetzt. Zur Sicherung des Nervus facialis erfolgt während der gesamten Präparation ein Neuromonitoring der Facialisäste, sichtbar hier durch mehrere Nadelelektroden am rechten Bildrand.
Resektat des Nidus der AVM. Dieser ist tiefrot durch die vielen Blutgefäße der AVM und enthält multiple schwarze Gefäßausgüsse durch das Embolisat Ethylen-Vinyl Alkohol-Kopolymer(Cast).
In einer zweiten Resektion werden noch verbliebene Restanteile des embolisierten Nidus reseziert, um eine möglichst radikale Entfernung zu ermöglichen und ein Rezidiv zu vermeiden. Beachte den Gefäßreichtum (tiefrot) und das schwarze Embolisat.
Verschluss des Zugangs der zweiten Operation, ebenfalls mit Neuromonitoring. Durch die jetzt stark verminderte Durchblutung rückläufige Hautrötung.
Verlauf vor und nach der Behandlung. Foto unmittelbar vor der Behandlung.
Verlauf vor und nach der Behandlung. Foto nach der Behandlungsserie mit 3 Embolisationen und 2 Resektions-Operationen des dann verschlossenen Nidus der AVM.
Nach erfolgreicher kombinierter Therapie (vollständige Embolisation + Resektion des verschlossenen Nidus) unter Erhalt des Nervus facialis ist auch der raumfordernde Effekt der AVM beseitigt. Der Patient ist 4 Jahre nach den Eingriffen (Abbildung) rezidivfrei. Die Hautrötung hat sich zurückgebildet. Er muss jedoch weiter in klinischer Kontrolle bleiben, um ein spätes Rezidiv zu erkennen und gegebenenfalls zu behandeln.
Große, infiltrierende, oft unvollständig vorbehandelte arteriovenöse Malformationen (AVM) im Gesicht sind besonderes schwer zu behandeln. Die arteriellen Feeder werden im Langzeitverlauf aus allen supraaortalen Ästen gespeist, der Progress ist schnell und durchdringt alle Gewebeschichten.
Eine Embolisation auch kleiner Äste aus der Arteria carotis interna ist technisch sehr anspruchsvoll und birgt ein Risiko, ebenso wie ein vollständiger Verschluss des Nidus. Die folgende Resektion des verschlossenen Nidus ist ebenso schwierig, da der Nervus facialis oft unmittelbar in den Nidus eingebettet ist. Hilfreich ist hier ein intraoperatives Neuromonitoring zum Erhalt der Nervus facialis.
Da auch bei radikalem Vorgehen im Langzeitverlauf ein Rezidiv nicht sicher ausgeschlossen werden kann, ist eine langjährige Nachsorge notwendig. Angesichts der großen arteriovenösen Malformation in dieser Lokalisation ist der bisherige Verlauf hier sehr erfreulich.
Publiziert: 2018
Alle Abbildungen © Wohlgemuth