Therapieverfahren — HHT · Morbus Osler

  • Kapitel: HHT · Morbus Osler

    Artikel: 10 von 13

    Update: 2020/01/20

  • Autor/en: Kühnel, Thomas

Die Behandlung einer hereditären hämorrhagischen Teleangiektasie (HHT) folgt einem individualisierten Konzept, das im Krankheitsverlauf immer wieder der aktuellen Situation angepasst wird. Je nach Organ und drohenden Komplikationen wird man die Maßnahmen mit den Kollegen der eingebundenen Fachabteilungen abstimmen.

Wir beginnen mit der Therapie der Nasenschleimhaut, da sie am häufigsten symptomatisch ist. Es ist darauf zu achten, dass die Diagnostik der anderen Organsysteme parallel abgearbeitet wird.

Mit dem Patienten ist immer wieder zu besprechen, dass eine erfolgreiche Therapie nur durch gemeinsame Anstrengungen zu schaffen ist. Der vielleicht wichtigste Teil der Behandlung muss dabei vom Betroffenen getragen werden, denn er ist angehalten, die Nase täglich mehrfach zu pflegen. Das Ziel dabei ist, die nasale Mukosa feucht zu halten und bestmöglich vor Umwelteinflüssen zu schützen. Er wird dazu Salben und Öle verwenden, Krusten und Borken aufweichen, Spülungen mit warmer Kochsalzlösung durchführen und die Nase ggf. mit Pflaster verschließen. Als für diese Erkrankung zugelassenes Medikament kann Tranexamsäure für drei Monate eingenommen werden. Wir empfehlen einen ersten Auslassversuch nach zwei Wochen. Wegen des unerheblichen Nebenwirkungsprofils kann N-Acetylcystein versucht werden, das vor allem bei männlichen Patienten mit HHT Typ 1 einen positiven Effekt auf das Nasenbluten hat. Die empfohlene Dosierung ist 600 mg dreimal täglich.

Der Arzt kann die Blutungshäufigkeit und Dauer durch Koagulation der erkennbaren Herde in der Nase beeinflussen und so die Lebensqualität verbessern. Von den vielen verfügbaren Lasern sind die besonders geeignet, die vom Farbstoff des Hämoglobins absorbiert werden. Das Zielchromophore ist der rote Farbstoff. Der Nd:YAG-Laser, der frequenzverdoppelte Nd:YAG-Laser (KTP-Laser), moderne Dioden-Laser und der Blaulichtlaser mit ihren jeweils spezifischen Eigenschaften (Eindringtiefe, thermische Läsion des umliegenden Gewebes und maximale Absorption im roten Blutfarbstoff) sind zu empfehlen. Neben dem Licht ist auch die Leistungsdichte ein entscheidender Parameter, der Beachtung finden muss: Die Verwendung schlanker Fasern ≤ 300 µm ermöglicht ein effizientes Arbeiten und gute Schonung der nicht betroffenen Schleimhaut. So lange der Flow in den pathologischen Gefäßen klein ist, hat die Lasertherapie unbestrittene Vorteile gegenüber anderen Koagulationsverfahren. Bei AV-Shunts mit hohem Fluss müssen jedoch andere Maßnahmen eingesetzt werden. Auch hier ist darauf zu achten, die Schleimhaut bestmöglich zu schützen. Uns hat sich die bipolare Koagulation mit hochfrequentem Wechselstrom (4 MHz) bewährt, entsprechend eingestellte Systeme anderer Frequenz sind jedoch sicherlich ebenso geeignet. Argon-Plasma-Beamer werden erfolgreich in der gastroenterologischen Therapie verwendet, sind in der Nase jedoch ungeeignet. Wenn die Ausbildung der Läsionen auch die laterale Nasenwand betrifft, hat die Erkrankung ein Stadium erreicht, da die ambulante Therapie an ihre Grenzen stößt. Die Herde der seitlichen Nasenwand erreichen häufig unbemerkt ein erhebliches Ausmaß und präsentieren sich nur zu einem kleinen Teil im zugänglichen Teil der Nase. In diesen Fällen ist fallweise die offene Chirurgie zur Beseitigung des Nidus angezeigt.

Selbstbehandlung des Nasenblutens

Annähernd alle Osler-Patienten erleben Blutungssituationen, die sie körperlich und seelisch stark belasten. Nasenbluten in der Öffentlichkeit, im sozialen und beruflichen Umfeld und im Urlaub fernab gewohnter Versorgungsstrukturen kann extrem stressbeladen sein. Für diese Fälle ist es geboten, einen „Notfallplan“ bereit zu halten und einzuüben. Für die Selbstversorgung soll der Patient eine schwarze Plastiktüte (das Blut ist kaum sichtbar und löst bei Umstehenden keine Abwehr aus), Nasentamponaden und eine Spritze zum Befüllen pneumatischer Tamponaden mit sich führen. Das Üben dieser Maßnahmen muss im stressfreien Umfeld geschehen.

Invasive Maßnahmen

Man kann die am stärksten betroffenen Schleimhautareale des Naseninneren durch Epidermis ersetzen und damit eine blutungsfreie Zeit von ungefähr zwei Jahren erreichen. Die Septodermoplastik nach Saunders wird an vielen Zentren jedoch nicht mehr durchgeführt, da der Aufwand und die Belastung des Patienten den zum Teil bescheidenen Erfolg nicht rechtfertigen. Ebenso kritisch ist die stammnahe Ligatur von Ästen der A. carotis externa oder die periphere Kleberembolistion der nasalen Gefäße zu sehen. Erhebliche Komplikationen stehen zeitlich sehr begrenzten Erfolgen unvorteilhaft gegenüber.

In manchen Fällen ist zu Beginn einer Operation in Intubationsnarkose mit dem Ziel, das Nasenbluten zu kontrollieren, eine Unterbindung der Arteria sphenopalatina angezeigt. Wir raten zur Elektrokoagulation, da eine Rekanalisierung im weiteren Krankheitsverlauf die ursprüngliche anatomische Situation wieder herstellt. Ein definierter Feeder lässt sich dann wieder identifizieren.

Als ultima ratio der Therapie bei Epistaxis ist der permanente Verschluss der Nase zu erwägen. Durch eine technisch einfache Operation wird das Vestibulum nasi zugenäht. Diese als „Young´s procedure“ bekannte Operation bewährt sich in verzweifelten Fällen außerordentlich. Praktisch immer kann das Nasenbluten so beherrscht werden. Als vom Patienten selbst anpassbares Verfahren, kann die Nase temporär mit Pflasterstreifen verschlossen werden. Hier gibt der Leidensdruck des Patienten die Dauer des Verschlusses vor.

Läsionen des Gastrointestinaltraktes werden in den endoskopisch erreichbaren Abschnitten versorgt. Ob Laser, lokale Sklerosierung oder Argon-Plasma-Beam muss im Einzelfall abhängig von der Verfügbarkeit der Verfahren und der Form der Läsion entschieden werden. Problematisch ist die Versorgung tief im Jejunum gelegener Herde. In diesen Fällen ist häufig nur die symptomatische Behandlung der Anämie oder aber ein pharmakologischer Therapieversuch angezeigt.

Pulmonale und hepatische Gefäß-Shunts sind die Domäne der interventionellen radiologischen Therapie. Die katheterangiographische Therapie mit Coils oder Amplatzer-Plugs stellt den Stand der aktuellen Therapie dar. Nur in Ausnahmefällen und in sehr fortgeschrittenen Stadien ist eine offen-chirurgische Intervention erforderlich. Ultima ratio ist in diesen Fällen die Teilesektion des Organs oder die Transplantation.

Endovaskuläre Verfahren sind auch in 80 % der Fälle geeignete Maßnahmen bei spinalen und cerebralen Osler-AV-Shunts.