Kapitel: HHT · Morbus Osler
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Update: 2020/01/20
Autor/en: Kühnel, Thomas
Die klinischen Symptome können zur Diagnose HHT führen. Epistaxis, Teleangiektasien perioral, an der Zunge, der oralen Mukosa und an den Fingern, viszerale Beteiligung und eine positive Familienanamnese sind bei Erwachsenen leicht zu erhebende Merkmale. Sind alle diese Merkmale vorhanden, kann die Diagnose HHT sicher gestellt werden, auch ohne molekulargenetische Untersuchung. Bemerkung: Eine molekulargenetische Untersuchung kann aber auch hier notwendig werden, wenn z. B. Unsicherheiten hinsichtlich des Vorliegens eines JPHT-Syndroms bestehen. Außerdem ist es aufgrund der existierenden Genotyop-Phänotyp-Beziehung möglich, bei bekannter Mutation gewisse Rückschlüsse hinsichtlich einer Organbeteiligung zu ziehen (siehe Abschnitt genetische Grundlagen).
Die genannten Kriterien wurden nach der Konsensus-Konferenz in Curaçao benannt: Sind drei oder mehr Kriterien erfüllt, gilt die Diagnose als sicher. Bei nur zwei Kriterien bleibt der Verdacht bestehen, auch wenn die Diagnose nicht gestellt werden kann. Bei Kindern bietet weder die Eigenanamnese noch die körperliche Untersuchung zwingend wegweisende Hinweise. Die Verdachtsdiagnose kann daher ohne genetischen Ausschluss (einer familiären Mutation) nicht verworfen werden, da sich im Zeitverlauf weitere Symptome ergeben können. Als „möglich“ bleibt die Diagnose auch bestehen, wenn (nur) eine positive Familienanamnese besteht. Wenn ein Elternteil von HHT betroffen ist, beträgt die Wahrscheinlichkeit in diesem Fall 50 %.
Sind drei oder mehr Kriterien erfüllt, gilt die Diagnose HHT als sicher; bei zwei vorhandenen Kriterien bleibt der Verdacht auf die Diagnose HHT bestehen.
Symptom/Befund | Relative Häufigkeit | Typisches Alter des ersten Auftretens |
---|---|---|
Nasenbluten, spontan und rezidivierend | 90–95 % | 12 Jahre |
Teleangiektasien, mukokutan: an den Fingerspitzen, Lippen, Mukosa der Zunge und enoral, Nase | 90 % | Nach der Pubertät |
Organbeteiligung gastrointestinal, pulmonal, hepatisch, zentrales Nervensystem, spinale AVM) | 20–80 %, 30–50 %, 32–48 %, 23 % | Zentrale AVM bereits im frühen Kindesalter, die anderen ab der dritten Dekade. |
Positive Familienanamnese |
In der Lunge und Leber stellen Blutungen kein vordergründiges Risiko dar. Hier sind die Kurzschlussverbindungen zwischen verschiedenen Gefäßtypen von großer Bedeutung. Lebensbedrohliche Komplikationen kommen vor und rechtfertigen Vorsorgeuntersuchungen des pulmonalen, gastrointestinalen und zentralnervösen Systems. Auch in Fällen, in denen die Organmanifestationen asymptomatisch bleiben, ist die frühe Diagnose anzustreben und mindestens eine Beobachtung angezeigt.
Nasenbluten schränkt die Lebensqualität der Patienten in mehr als 90 % der Fälle ein. Es gilt als Leitsymptom der Erkrankung und tritt typischerweise als erstes auf. Häufig vor der Pubertät, jedoch fast immer bis zum 40. Lebensjahr. Die Teleangiektasien nehmen ab der dritten Dekade zu. Die anteriore Rhinoskopie und Endoskopie der Nase liefert dem erfahrenen Untersucher sichere Hinweise für die Diagnostik (s. o.).