Differentialdiagnose — Kapilläre Malformation

  • Kapitel: Kapilläre Malformationen

    Artikel: 7 von 14

    Update: 2020/01/28

  • Autor/en: Ott, Hagen

Zunächst sind isolierte kutane kapilläre Malformationen (KM) von den Sonderformen, dem Naevus simplex, der Cutis marmorata teleangiectatica congenita (CMTC) und den Teleangiektasien abzugrenzen.

Die häufigste und aus therapeutischer Sicht besonders relevante Differentialdiagnose stellt das infantile Hämangiom dar, das als großflächige Variante in der Zervikofazialregion und an den Extremitäten ebenfalls eine segmentale Konfiguration zeigen kann (z. B. PHACES-Syndrom). Klassische Unterscheidungsmerkmale infantiler Hämangiome und kapillärer Malformationen sind in nachstehender Tabelle zusammengefasst.

Unterscheidungskriterien zur Differenzierung von kapillären Malformationen und infantilen Hämangiomen (Auswahl)

UnterscheidungsmerkmalKapilläre MalformationInfantiles Hämangiom
ManifestationszeitpunktBei GeburtHäufig in der 2. bis 4. Lebenswoche,
nur selten bei Geburt
WachstumProportionales "Mitwachsen"
mit allgemeinem
Körperwachstum

Rasches Wachstum
in den ersten 2 bis 6 Lebensmonaten

MorphologieFleckförmige,
nicht erhabene Hautrötungen
Initial flache, im Verlauf
rasch an Volumen zunehmende,
rote Plaques
UlzerationKeineSelten, insbesondere bei Auftreten
an den Lippen
und in Körperfalten
Ansprechen auf
Propranolol-Therapie
KeineJa

 

Kapilläre Malformationen können Teilmanifestation komplexer Krankheitsbilder sein. Trotz großer klinischer Variabilität sollte bei folgenden klinischen Zeichen an die Möglichkeit weiterführender, bildgebender Untersuchungen gedacht werden:

  • Flächige kapilläre Malformationen in der oberen Gesichtshälfte mit Mittelinienbegrenzung (Sturge-Weber-Syndrom)
  • Kapilläre Malformationen in der Lumbalregion (spinale Dysraphie, Cobb-Syndrom)
  • Palpatorisch überwärmte kapilläre Malformationen mit oder ohne auskultatorisches Schwirren (AVM)
  • Kapilläre Malformationen und pathologisch vergrößerter oder verkleinerter Kopfumfang (MCAP, MICCAP)
  • Kapilläre Malformationen und disproportionaler Überwuchs (z. B. CLOVES oder Klippel-Trénaunay-Syndrom)
  • Erweiterte, irreguläre Gefäße im Bereich der kapillären Malformation (z. B. CVM)
  • Ausgedehnte, flächige kapilläre Malformation lateral am Bein (kombinierte CVM, Klippel-Trenaunay Syndrom)

Auch wenn sie bei Geburt und im frühen Säuglingsalter nur sehr selten auftritt, sollte die lineare, zirkumskripte Sklerodermie (Morphea) als wichtige Differentialdiagnose kapillärer Malformationen in der Gesichts- und Halsregion von Neugeborenen berücksichtigt werden. Nachdem sie initial als linienförmiger, roter Fleck der Gesichtshaut imponiert, zeigt die Haut bei Morphea im Verlauf eine Verhärtung und Atrophie, sodass bei Auftreten dieser Symptome frühzeitig eine Biopsie mit anschließender feingeweblicher Untersuchung erfolgen sollte.

Eine kutane AVM ist gelegentlich ebenfalls als rötliche, fleckartige Dyskoloration der Haut sichtbar. Sie ist jedoch meist unschärfer abgegrenzt und zeigt klinisch (Überwärmung) und sonographisch (insbesondere in der farbkodierten Duplexsonographie) eine deutliche Hyperperfusion, oft auch erweiterte subkutane Gefäße.

Die Cutis marmorata teleangiectatica congenita (CMTC) ist eher netzartig konfiguriert und besteht aus einem rötlichen, marmorierten Muster mit dazwischen liegenden normalen Hautanteilen. Sie kann auch mit einer kapillären Malformation kombiniert sein.

Der Naevus simplex tritt bei mindestens einem Fünftel aller Neugeborenen zumeist in der Nackenregion („Storchenbiss“), an den Augenlidern und der mittleren Stirnregion bzw. zwischen den Augenbrauen auf. Im Vergleich zum Naevus flammeus ist der Naevus simplex hell- bzw. lachsrot und häufig nur unscharf gegenüber der umgebenden Haut abgegrenzt.