Autor/en: Wohlgemuth, Walter A.
Autor/en: Wohlgemuth, Walter A.
Bereits direkt nach der Geburt bestand ein tief dunkelroter, unscharf abgegrenzter Tumor an der rechten Körperflanke im Übergang zum Gesäß. Zusätzlich Einblutungen in die Umgebung, sichtbar als Hämatome in unterschiedlicher Farbintensität. Laborchemisch massive Thrombozytopenie, Fibrinogen nicht messbar niedrig. Konstellation eines Kasabach-Merritt-Phänomens.
Durch das Gerinnungsversagen im Rahmen des Kasabach-Merritt-Phänomens entstehen in den ersten Lebenstagen spontan immer wieder neue, deutliche Einblutungen, sichtbar hier durch verschiedenfarbige Hämatome und kleine petechiale Hautblutungen.
Sonographisch zeigt sich die Hauptausdehnung des Tumors in der Tiefe des Gesäßes rechts. Der Tumor ist eher echoreich, insgesamt jedoch sehr inhomogen und reicht bis zur Beckenschaufel.
Sonographisch in der farbkodierten Duplexsonographie ist der Tumor stark durchblutet, der Verdacht auf einen stark perfundierten Gefäßtumor erhärtet sich.
Die native, T1-gewichtete MRT zeigt den Tumor hypointens. Der Tumor ist unscharf abgegrenzt. Das umgebende Fettgewebe ist durchtränkt mit Lymphödem.
Auch in der T2-gewichteten, fettgesättigten MRT zeigt der Tumor hypointense Anteile (Einblutungen), jedoch auch hyperintense Anteile und ist insgesamt sehr inhomogen und unscharf abgegrenzt. Das umgebende Fettgewebe ist durchtränkt mit Lymphödem.
Dieses umgebende subkutane Lymphödem (axiale T2-gewichtete, fettgesättigte MRT ) ist eine typische Eigenschaft des kaposiformen Hämangioendothelioms und dehnt sich auch in der Umgebung deutlich aus.
Dynamische, kontrastmittelunterstützte MR-Angiographie.
Bereits in der früharteriellen Phase reichert der Tumor intensiv, wenn auch nicht komplett an.
Dynamische, kontrastmittelunterstützte MR-Angiographie.
In der venösen Phase zeigt sich eine intensive, homogene Anreicherung ohne direkten venösen Abstrom.
Dynamische, kontrastmittelunterstützte MR-Angiographie.
In der Spätphase zeigt der stark vaskularisierte Tumor weiterhin eine starke Anreicherung ohne Wash-out-Phänomen.
In der T1-gewichteten, fettunterdrückten koronaren MRT nach Kontrastmittelgabe reichert der Tumor stark Kontrastmittel an. Die Kombination aus dem klinischen Bild mit gefäßreichem, rötlichblauem Tumor direkt nach der Geburt, Kasabach-Merritt-Phänomen und typischer Bildgebung lässt die Diagnose eines kaposiformen Hämangioendothelioms sehr wahrscheinlich sein.
Aufgrund der massiven Gerinnungsstörung, die eine Operation in dieser Lokalisation verbietet und der mangelnden Verbesserung unter medikamentöser Therapie und Ersatz von Thrombozyten- und Gerinnungspräparaten, Entschluss zur Embolisation des hypervaskularisierten Tumors. Die digitale Subtraktionsangiographie (DSA) zeigt den stark vaskularisierten Tumor hauptsächlich aus der rechten Arteria glutea superior versorgt.
Der Tumor zeigt in der DSA nach superselektiver Sondierung mit dem Mikrokatheter den typischen Tumorblush mit diffuser, starker Kontrastmittelanreicherung.
Über den Mikrokatheter wird jetzt der Tumor schrittweise über die zuführenden arteriellen Äste mit Partikeln der Größe 150 Mikron embolisiert.
In der Kontroll-DSA ist der Hauptanteil des Tumors jetzt erfolgreich embolisiert und aus der Durchblutung abgeschnitten. Lediglich ganz kranial noch tumorversorgende Äste verblieben.
Auch diese ganz kranialen Anteile werden jetzt superselektiv mit dem Mikrokatheter sondiert und mit Partikeln embolisiert. Zum besseren Navigieren des Mikrokatheters werden die Gefäße aus einer vorherigen Injektion elektronisch überlagert (sog. Overlay-Darstellung, weiß im Bild).
In der Abschlussangiographie in langer Serie nach Anspritzen der Arteria iliaca communis rechts ist der Tumor komplett devaskularisiert. Die nicht betroffenen, physiologischen Äste sind alle erhalten. Damit ist der Tumor komplett aus dem Kreislauf ausgeschaltet. Die Aktivierung der Gerinnung und der Verbrauch an Thrombozyten im Tumor ist gestoppt.
Der Verlauf ist sehr erfreulich. Bereits unmittelbar nach der Embolisation nimmt das Volumen des Tumors ab. Die Thrombozytenwerte steigen schnell an, ebenso das Fibrinogen und die Gerinnungsfaktoren. Das Kasabach-Merritt-Phänomen ist durchbrochen. Dieses Bild 17 Tage nach der Embolisation zeigt den durchschlagenden klinischen Erfolg.
Das klinische Bild mit einem rötlichbläulichen Tumor unmittelbar nach der Geburt, massiver Blutgerinnungsstörung mit spontanen Einblutungen und ausgeprägter Thrombozytopenie ist deutlich hinweisend auf ein kasposiformes Hämangioendotheliom mit Kasabach-Merritt-Phänomen. Die reine Substitution von Thrombozyten und Gerinnungsfaktoren ist hier meist nicht ausreichend. Durch eine superselektive Embolisation unter Erhalt der gesunden Arterien wird die intratumorale Aktivierung der Gerinnung und das Trapping der Thrombozyten über den massiv durchbluteten Tumor verhindert. Auch bei diesem Säugling gelang dies sehr gut. Aktuell ist der Patient unter Sirolimus und entwickelt sich sehr gut.
Publiziert: 2018
Alle Abbildungen © Wohlgemuth