Kapitel: Kapilläre Malformationen
Artikel: 10 von 14
Update: 2020/01/28
Autor/en: Ott, Hagen
Als entscheidende Grundlage aller weiteren Behandlungsschritte sollten die Eltern und, sofern altersbedingt möglich, auch der Patient in allgemein verständlicher Sprache und optimalerweise anhand von illustriertem Informationsmaterial über mögliche klinische Verlaufsformen und Therapieoptionen und, soweit möglich, über Ätiologie und Pathogenese aufgeklärt werden. Sehr häufig ist bei außerhalb der Gesichtsregion liegenden kapillärer Malformation (KM) keine Intervention erforderlich. Ist jedoch die Zervikofazialregion involviert, sollte gemeinsam mit der betroffenen Familie eine sorgfältige Abwägung der weiteren Behandlungsschritte vorgenommen werden.
Ergeben sich Anhaltspunkte für eine starke psychosoziale Belastung des Patienten oder seiner Eltern, sollte frühzeitig eine psychologische Betreuung angeboten werden. Dringend empfehlenswert ist es auch, betroffene Familien über den Bundesverband Angeborene Gefäßfehlbildungen e.V. zu informieren, der als sehr gut organisierte Selbsthilfegruppe zahlreiche Unterstützungsmöglichkeiten bietet.
Zur Abdeckung psychisch belastender kapillärer Malformation können Kosmetika mit hohem Pigmentgehalt eingesetzt werden. Diese als kosmetische Camouflage bezeichnete Behandlung wirkt sich erwiesenermaßen positiv auf die Lebensqualität von Kindern mit vaskulären Anomalien aus. Sie ist von Art und Lokalisation der zugrundeliegenden Malformation, dem Hauttyp der Patienten und zahlreichen anderen Faktoren abhängig und kann sehr anspruchsvoll sein. Daher sollte sie von betroffenen Kindern und ihren Eltern mit einer entsprechend ausgebildeten Fachkraft eingeübt werden. Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt und der Kosmetik-Fachkraft werden geeignete Produkte ausgewählt, die folgende Eigenschaften aufweisen sollten (Auswahl):
Es stehen handelsübliche Präparate unterschiedlichen Wasser- und Fettgehaltes zur Verfügung, die unter Berücksichtigung begleitender Hauterkrankungen (z. B. Akne, Ekzeme) ausgewählt werden sollten. Hierbei sind auch ökonomische Aspekte zu berücksichtigen, da eine differenzierte, langfristige Camouflage-Behandlung mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sein kann. In diesen Fällen empfiehlt es sich, die zuständige Krankenkasse zu kontaktieren zur Klärung einer eventuellen Kostenübernahme.
Eine medikamentöse Therapie kapillärer Malformationen ist bedauerlicherweise noch immer nicht möglich.
Weiterhin gilt der gepulste Farbstofflaser (engl.: pulsed-dye laser, PDL) als Therapie der Wahl bei kapillären Malformationen, obwohl umfangreiche, kontrollierte Untersuchungen großer Patientengruppen über längere Zeiträume bislang nicht veröffentlicht wurden. Es entspricht jedoch auch unserer klinischen Erfahrung, dass der PDL durch eine selektive Photothermolyse spezifisch auf die erweiterten Gefäße kapillärer Malformationen wirkt und zu einer deutlichen Aufhellung dieser Läsionen führen kann. Allerdings sollten Eltern und, sofern altersbedingt möglich, die Patienten frühzeitig über wichtige Einschränkungen dieser Behandlung aufgeklärt werden (Auswahl):
In Zentren mit ausreichend hohen Patientenzahlen und entsprechender therapeutischer Erfahrung stellt die PDL-Therapie eine sichere Behandlung dar, die nur sehr selten mit signifikanten Nebenwirkungen einhergeht. Hauptsächliche Problematiken nach Lasertherapie beziehen sich auf lokalisierte Hautatrophien nach Behandlung mit zu hoher Laser-Intensität, sodass die Anwendung in erfahrenen Händen anzuraten ist.
Direkt nach der Lasertherapie kann es durch die erwünschte Disruption der kleinen überzähligen Kapillaren der Haut zur Bildung einer Purpura kommen, also einer punktförmigen Einblutung in die Haut durch Austritt von Erythrozyten. Diese klingt regelhaft innerhalb von 7–21 Tagen spontan ab, worüber Patienten bzw. Eltern aufgeklärt werden sollten.
Ob sich durch andere Therapieverfahren wie z. B. die photodynamische Therapie oder die Kombination der PDL-Therapie mit einer medikamentösen Behandlung (z. B. mTOR-Antagonisten) eine therapeutische Verbesserung erreichen lässt, muss in weiteren Studien untersucht werden.
Auch andere Laser-Verfahren werden zur Lasertherapie verwandt wie der Nd:YAG Laser, der sequentielle Farbstofflaser (2 Wellenlängen) oder Intense Pulsed Light (IPL) Laser. Prospektive Studien zum direkten Vergleich fehlen jedoch bisher.