Therapie — Wunden und Ulzerationen

  • Kapitel: Wunden und Ulzerationen

    Artikel: 5 von 7

    Update: 2020/01/10

  • Autor/en: Ott, Hagen

Nach ausführlicher Anamnese und eingehender klinischer Untersuchung wird für den Patienten ein individuelles Wundmanagement inklusive einer adäquaten Lokalanästhesie und ggf. einer systemischen Analgesie etabliert.

In der Regel erfolgt zunächst eine Wundspülung mit physiologischer Kochsalzlösung (NaCl 0,9 %), Ringer-Lösung oder Leitungswasser, das jedoch zur Vermeidung einer Kontamination (v. a. mit Pseudomonas aeruginosa) durch einen endständigen Sterilfilter gewonnen werden sollte. Die Spülflüssigkeit sollte zur Schmerzreduktion auf Körpertemperatur erwärmt und die Wunde nach dem Spülen und vor Neuanlage eines Verbands sorgfältig getrocknet werden, um eine Mazeration zu verhindern.

Verbleiben nach der Wundspülung unerwünschte Beläge (z. B. Fibrin, Blutkoagel, Nekrosen), kann ein weiteres Wunddébridement sinnvoll sein, für das oft Kompressen eingesetzt werden, die zuvor in einem Antiseptikum getränkt wurden. Auch im weiteren Verlauf können diese Antiseptika zur gezielten Keimzahlreduktion im Bereich kritisch kolonisierter Wunden verwendet werden. Nur selten ist bei Patienten mit vaskulären Anomalien ein chirurgisches Débridement erforderlich, das mit Kürette, Skalpell oder Pinzette durchgeführt werden kann. Der Einsatz dieser Instrumente ist in der Regel schmerzhaft, so dass eine Lokalanästhesie mit z. B. Lidocain und Prilocain oder mit Lidocain und Bupivacain erfolgen sollte. Zudem erfordert das chirurgische Débridement häufig eine intensivierte, systemische Analgesie und in Einzelfällen sogar eine Vollnarkose.

Nach Wunddokumentation und -reinigung erfolgt eine auf den Patienten individuell zugeschnittene Verbandanlage unter sterilen Kautelen. Hierbei ist die Auswahl des geeigneten Verbandmaterials abhängig von zahlreichen individuellen Faktoren wie z. B.:

  • Art, Typ, Ausdehnung und Lokalisation der Wunde
  • Stadium der Wundheilung und Exsudation
  • Bakterielle Kolonisation oder sekundäre Infektion
  • Tragekomfort
  • Materialkosten

Die klassische Wundversorgung wurde lange Zeit mit inaktiven, textilen Wundauflagen (z. B. Mullkompressen) durchgeführt, die als mechanischer Schutz und zur Absorption von Wundexsudat dienten. Allerdings hafteten diese Verbände trotz Kombination mit Wundgazen häufig am Wundgrund, so dass bei Verbandwechseln oft Schmerzen und eine erneute Traumatisierung des Wundareals auftraten. In der modernen Wundversorgung kommen stattdessen interaktive Verbände (z. B. Polyurethan-Schaumstoffe, Hydrogele, Alginate) in Kombination mit feinmaschigen und teilweise silikonbeschichteten Wunddistanzgittern und seltener auch bioaktive Materialien (z. B. autologe Keratinozytenkulturen) zum Einsatz.

So finden Hydrokolloid-Verbände bei leicht bis mäßig exsudativen Wunden Verwendung. Sie enthalten unter einer semipermeablen Folie quellfähige Substanzen (z. B. Gelatine, Zellulose), die in eine wasserabweisende Schicht eingebettet sind. Daher sind sie in der Lage, Sekret aus der Wunde aufzunehmen, wobei sich die quellfähigen Wirkstoffe in ein Gel verwandeln, das die Wunde vor Austrocknung bewahrt. Hydrokolloid-Verbände sollten bei einer Wundinfektion nicht verwendet werden.

Oft werden bei mäßig bis stark sezernierenden Wunden Polyurethan-Schaumverbände mit glatter Oberfläche und feinen Poren eingesetzt, die Wundsekret aufsaugen können, ohne zu verkleben. Wegen ihrer hohen Aufnahmekapazität kann die Frequenz der Verbandswechsel reduziert und ein atraumatischer Verbandswechsel erreicht werden. Auch Polyurethan-Schaumverbände sind bei Wundinfektionen kontraindiziert. Weitere Optionen für ein differenziertes Wundmanagement können der empfohlenen Literatur entnommen werden.

Nach Abschluss jeder Wundversorgung wird der Patient gefragt, ob Beschwerden wie z. B. Schmerzen, Druckgefühl oder Juckreiz neu aufgetreten sind oder weiterhin zu einer Beeinträchtigung führen.

Grundsätzlich wird man bei Patienten mit Gefäßanomalien die genaue zugrundliegende Ursache der Wundentstehung an der auftretenden Lokalisation diagnostizieren und behandeln müssen. Auch bei adäquater Wundtherapie werden manche Wunden ohne Behandlung des zugrundeliegenden Gefäßfehlers nicht abheilen können.