Sklerotherapie

Prinzip

Bei der Sklerotherapie handelt sich um ein radiologisch gesteuertes, minimalinvasives Therapieverfahren zur Verödung von venösen Malformationen. Einige sklerosierende Substanzen werden auch zur Behandlung von makrozystischen lymphatischen Malformationen eingesetzt. Wichtig zu wissen ist, dass die eigentliche „Sklerosierung“ nicht sofort eintritt sondern erst Wochen bis Monate nach einer lokalen Entzündung der Venen- oder Lymphgefäßwand mit anschließender Vernarbung vollständig vollzogen ist.

Die Sklerotherapie beseitigt nicht die Gefäßmalformation an sich, jedoch führt sie in der Regel zu einer Größenabnahme der Läsion und zu einer deutlichen Linderung der durch die Gefäßmalformation hervorgerufenen Beschwerden und Risiken. Eine Sklerotherapie ist im Vergleich zur offenen Chirurgie für das umgebende Gewebe deutlich schonender.

Die Sklerotherapie wird allgemein unter örtlicher Betäubung und unter Analgosedierung durchgeführt. Bei der Sklerosierung im Bereich der Extremitäten empfiehlt sich, während der Prozedur zur Erleichterung der Punktion sowie Vermeidung des Abstroms eines Sklerosierungsmittels in das abführende Venensystem, die Anlage einer Stauung (Tourniquet). Die Gefäßmalformation wird zunächst perkutan ultraschallgesteuert mit einer Nadel punktiert. Je nach Größe und Konfiguration der Malformation sind während einer Behandlung häufig mehrere Punktionen erforderlich.

Nach Platzierung der Nadel wird die Gefäßmalformation mittels Röntgenkontrastmittel dargestellt (z. B. Varikographie). Nach radiographischer Bestätigung der korrekten Nadelposition innerhalb der Gefäßmalformation und nach Ausschluss von großen drainierenden Gefäßen erfolgt die Injektion des Sklerosierungsmittels. Kommen große drainierende Venen zur Darstellung, sollten diese vor der Injektion des Sklerosierungsmittels verschlossen werden. Nach Entfernung der Punktionsnadeln wird, wenn möglich, ein Kompressionsverband angelegt. Dies ist wichtig um einen engen Kontakt der Venenwand mit dem Sklerosierungsmittel zu ermöglichen und damit die Effizienz zu erhöhen.

Sklerosierungsmittel

Die verschiedenen Sklerosierungsmittel haben sehr unterschiedliche Wirkungs- bzw. Nebenwirkungsprofile und werden im folgenden Abschnitt dargestellt.

Ethanol (Alkohol)/Ethanolgel

Reiner Alkohol gehört zu den effektivsten Sklerosierungsmitteln in der Behandlung von venösen Malformationen. Die sklerosierende Wirkung beruht auf einer massiven Schädigung des Endothels mit anschließender Thrombosierung. Die effektive sklerosierende Wirkung von Alkohol geht jedoch relativ oft mit erheblichen lokalen und systemischen Nebenwirkungen einher. Nicht selten treten bei der Sklerotherapie mit reinem Alkohol schwere Hautnekrosen oder persistierende Nervenschädigungen auf. Gelangt Alkohol in großen Mengen in den Lungenkreislauf, steigert es den pulmonalarteriellen Druck und kann sogar zu tödlichem Kreislaufversagen führen. Des Weiteren wurden auch Störungen im Blutzuckerhaushalt (Hypoglykämie) und Herzrhythmusstörungen beobachtet. Zur Verringerung systemischer und lokaler Nebenwirkungen kann Alkohol auch in gelierter Form appliziert werden. Dieser gelierte Alkohol ist visköser und wird damit schwerer aus der Läsion ausgeschwemmt, hat eine längere Kontaktzeit mit der Läsion und potentiell weniger systemische Nebenwirkungen.

Polidocanol

Die intraläsionale Gabe von Polidocanol (Konzentration meist 3,0 %) führt ähnlich wie reiner Alkohol zu einer Schädigung des Endothels mit nachfolgender Entzündung und Sklerosierung, dies jedoch deutlich weniger intensiv. Anwendung findet Polidocanol vor allem in der interventionellen Behandlung von venösen Malformationen. Vor der perkutanen Injektion in die Gefäßmalformation wird Polidocanol von vielen Anwendern aufgeschäumt, um die Wirkintensität zu erhöhen und die Verteilung besser zu steuern. Das Nebenwirkungsprofil von Polidocanol ist wesentlich günstiger als das von reinem Ethanol. Allerdings ist der sklerosierende Effekt im Vergleich zu Ethanol auch etwas geringer, weshalb die Behandlungen öfters wiederholt werden müssen.

Sodium-Tetradecyl-Sulfat (STS, Sotradecol)

Sodium-Tetradecyl-Sulfat (meist 3,0 %) führt nach Kontakt mit der Venenwand zu einer Entzündung mit anschließender Thrombosierung und Sklerosierung. Es wird daher neben der Behandlung von Varizen auch in der Behandlung von venösen Malformationen eingesetzt. Das Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil ist sehr ähnlich zu Polidocanol.

OK-432 (Picibanil)

OK-432 findet vor allem bei der Behandlung von makrozystischen lymphatischen Malformationen Anwendung. Bei OK-432 handelt es sich um einen lyophilisierten attenuierten Streptokokken Stamm. Die Injektion führt zu einer heftigen Immunreaktion mit lokaler Entzündung der Zysten der lymphatischen Malformation. Als Folge der nachfolgenden entzündlichen Umbauprozesse kann die Lymphflüssigkeit besser abtransportiert werden und die Zysten nehmen deutlich an Größe ab. Beginnend wenige Stunden nach der Injektion kommt es zu einer starken erwünschten lokalen Entzündungsreaktion, oft begleitet von einer Schwellung (Achtung bei Anwendung im Bereich der Atemwege). Gelegentlich kann nach der Injektion von OK-432 Fieber mit grippeähnlichen Symptomen auftreten. Das Fieber spricht sehr gut auf eine herkömmliche antipyretische Medikation an.

Bleomycin

Bleomycin ist ein Antibiotikum/Chemotherapeutikum aus der Gruppe der Glykopeptide. Es findet auch Anwendung in der Behandlung von mikro- und makrozystischen lymphatischen Malformationen. Im Vergleich zu anderen Sklerosierungsmitteln ist die Entzündung und Schwellung etwas geringer ausgeprägt. Lungenschädigungen und eine mögliche Tumorinduktion sind hier sehr seltene Nebenwirkungen.

Doxycyclin

Doxycyclin ist ein Antibiotikum aus der Gruppe der Tetracycline mit sklerosierenden Eigenschaften und einem guten Nebenwirkungsprofil. Es findet Anwendung vor allem in der Behandlung von makrozystischen lymphatischen Malformationen.

Nebenwirkungen und Komplikationen

Frühreaktion wie Schwellung, Entzündung und mäßige mögliche Schmerzen sind zu erwartende Reaktionen des Körpers auf eine Sklerosierungsbehandlung. Sie gehören zum eigentlichen Wirkungsprinzip (Verschluss durch Induktion einer Entzündung) und sind in einem gewissen Umfang sogar erwünscht. Bei ganz oberflächlichen Eingriffen mit dünner Hautdeckung kann es zu einer Mitentzündung der Haut, damit manchmal bis zur Blasen- oder Wundbildung kommen. Zur Linderung sollte die behandelte Region gekühlt und falls möglich komprimiert (Kompressionsverband) und hochgelagert werden. Die Indikation zur symptomatischen Schmerztherapie sollte großzügig gestellt werden. Schwerwiegende lokale und systemische Komplikationen sind v. a. nach der Applikation von reinem Ethanol zu erwarten (s. o.). Zur Vermeidung einer tiefen Venenthrombose ist v. a. bei Sklerosierungen im Bereich der unteren Extremität eine prophylaktische Antikoagulation mit niedermolekularen Heparinen für 7–10 Tage zu empfehlen. Letztendlich sind auch die potentiellen Komplikationen durch jodhaltige Röntgenkontrastmittel zu beachten (Niereninsuffizienz, Hyperthyreose, Kontrastmittelallergie).

Auch hier muss nochmals betont werden, dass die lindernde Wirkung der Sklerosierungstherapie erst nach Wochen eintritt, nach Abklingen der initialen Entzündungsphase.