PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom

Das PTEN-Hamartom-Tumor-Syndrom umfasst das Cowden-Syndrom inkl. Lhermitte-Duclos-Krankheit = Manifestation des Erwachsenenalters, das Bannayan-Riley-Ruvalcaba-Syndrom [Ruvalcaba-Mhyre-Syndrom, Riley-Smith-Syndrom] = Manifestation des Kindesalters und das SOLAMEN Syndrom = Typ2-Segmentales Cowden-Syndrom.

Definition

Charakteristisch sind Makrozephalie, kutane und viszerale Hamartome und eine Prädisposition für Malignome. Slow-flow- (VM, LM, CM) und Fast-flow- (AVM) Malformationen liegen oft vor.

Genetische Grundlage

Die unterschiedlichen klinischen Phänotypen  basieren auf einem Zusammenspiel von Keimbahnmutationen ( = konstitutionelle Mutationen) und somatischen/postzygotischen  „second-hit“-Mutationen des Tumorsuppressor-Gens PTEN („phosphatase and tensin homolog deleted on chromosome 10“). Während die autosomal-dominant erblichen „konstitutionellen“ PTEN-Mutationen in allen Zellen, so auch im Blut vorhanden und nachweisbar sind, liegen „second hit“-Mutationen nur in den Hamartomen bzw, Tumoren oder Gefäßmalformationen vor. Die „second hit“-Mutationen betreffen das zweite Allel des PTEN-Gens und führen damit zu dessen Komplettausfall.

Das PTEN-Gen kodiert für eine Protein- und Lipid-Phosphatase, die bei u. a. für die Regulation von Zellzyklus und Apoptose wichtig ist. PTEN ist Gegenspieler von PIK3. Funktionsverlustmutationen führen zur Aktivierung des PI3K-(Phosphatidylinositol-3- Kinase-)/AKT/mTOR-Signalwegs.

Das Cowden-Syndrom beruht auf einer konstitutionellen Mutation plus weiteren zufälligen Mutationen einzelner Körperzellen (somatische Mutationen), die - je nach Gewebezugehörigkeit - Grundlage von Hamartomen/Tumoren/Malignomen sind. 

Das SOLAMEN-Syndrom (segmental overgrowth, lipomatosis, arteriovenous malformation, epidermal nevus), syn.: Typ2-Segmentales Cowden-Syndrom, stellt eine Sonderform dar: Zusätzlich zu einer konstitutionellen PTEN-Mutation ereignet sich bereits frühzeitig in der Embryonalentwicklung ein „second hit“, der zum Ausfall des zweiten PTEN-Allels in einer Zelle führt und an deren Nachfolgerzellen „vererbt“ wird (Typ2-Mosaik). Das hat einen segmentalen Befall zur Folge.

Diagnostische Kriterien des COWDEN-Syndroms

(National Comprehensive Cancer Network [NCCN 2015])

Revidierte Kriterien: Pilarski et al. 2013.

Pathognomonische Kriterien

  • Mukokutane hamartomatöse Läsionen (faziale Trichilemmome, akrale Keratose, Papillomatose der Haut/Schleimhaut)
  • Dysplastisches Gangliozytom des Kleinhirns beim Erwachsenen (Lhermitte-Duclos-Krankheit)

Hauptkriterien

  • Makrozephalie
  • Pigmentflecken des Penis einschließlich der Glans
  • Mammakarzinom oder nicht-medulläres Schilddrüsenkarzinom oder Endometriumkarzinom

Nebenkriterien

  • Schilddrüsenveränderungen (Struma, Adenome, Hashimoto-Thyreoiditis)
  • Intelligenzminderung (IQ: ≤ 75)
  • Hamartomatöse intestinale Polypen (inkl. Ganglioneurome, Adenome, hyperplastische Polypen)
  • Dickdarmkrebs
  • Fibroadenome der Brust, fibrozystische Mastopathie)
  • Lipome/Lipomatose
  • Fibrome
  • Urogenitaltrakt-Tumoren (bes. Nierenzellkarzinom)
  • Melanome
  • Zysten der Ovarien, seltener der Vagina und Vulva
  • Uterusmyome
  • Urogenitaltrakt-Malformationen (Hufeisennieren, Uterus bicornis)
  • Vaskuläre Malformationen (kapilläre, venöse, arteriovenöse, lymphatische)
  • Glykogen-Akanthose des Ösophagus
  • Autismus-Spektrum-Störung

Die Manifestionen sind stark altersabhängig. Es besteht ein lebenslanges Risiko von 25–50 % für Mammakarzinom, von 10–20 % für kolorektales Karzinom, von ca. 10 % für Schilddrüsen-Karzinom, von 5–10 % für Endometriumkarzinom. Seltener treten Nierenzellkarzinome und Maligne Melanome auf. Dysplastische Gangliozytome des Kleinhirns (Lhermitte-Duclos-Syndrom) sind Ursache von Hydrozephalus und neurologischen Störungen.

Die begleitenden Gefäßmalformationen treten nicht immer auf, sind jedoch, neben der erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Tumoren, oft bestimmend für den Krankheitsverlauf beziehungsweise die Symptomatik. Relativ charakteristisch sind die als PHOST (PTEN Hamartoma Of Soft Tissue) bezeichneten, oft progredienten, umschriebenen Weichteilgewebsveränderungen, die sich histologisch als gemischte Gefäß- und Weichteilgewebsmalformationen darstellen (kapilläre, venöse und lymphatische Malformationen), die in atypisch vermehrtes, hyperplastisches Fettgewebe eingebettet sind. Die begleitenden arteriovenösen Fast-flow-Malformationen sind durch eher kugelige, intranidale oder venöse „flow-related“ Aneurysmen gekennzeichnet und rezidivieren häufig nach Behandlung.

Therapie

  • Lebenslange engmaschige Krebs-Vorsorge (intensiviertes Früherkennungsprogramm).
  • Gegebenenfalls Therapie der Gefäßmalformationen, die allerdings insbesondere bei den AVM zu Rezidiven neigen.
  • Resektion von PHOST nach vorheriger interventioneller Behandlung.
  • Als Therapieoption mTOR-Inhibition prüfen.