Klinische orthopädische Untersuchung

  • Kapitel: Orthopädische Probleme bei Gefäßmalformationen

    Artikel: 2 von 9

    Update: 2020/03/05

  • Autor/en: Kertai, Michael Amir

Alle Patienten mit Gefäßmalformationen sollten besonders im Wachstum regelmäßig (kinder-) orthopädisch untersucht werden. Die erste Untersuchung sollte erfolgen, sobald die Gefäßmalformation sichtbar wird. Dies betrifft alle Patienten mit venösen, arteriovenösen, lymphatischen, kapillären oder kombinierten Malformationen, nicht aber solche mit Hämangiomen. Bei Letzteren ist nicht mit einer orthopädischen Problematik zu rechnen.

Nach der ersten Untersuchung erfolgen jährliche weitere Untersuchungen bis zum Wachstumsabschluss. Bei akutem Handlungsbedarf oder in Zeiten schnellen Längenwachstums (z. B. im Rahmen der Pubertät) können auch kürzere Untersuchungsabstände sinnvoll sein.

Ablauf der Untersuchung

Nach der üblichen Anamnese muss die Untersuchung am bis auf die Unterwäsche entkleideten Patienten erfolgen.

Zunächst wird der Patient im Stehen von vorne und hinten inspiziert. Hierbei wird, neben den sichtbaren Haut- und Gefäßveränderungen durch die Malformation, insbesondere auf die Beinachse, den Beckenstand, die Symmetrie der Taillen und der Schultern geachtet.

Bei nicht stehfähigen Patienten (Säuglinge oder aufgrund von körperlichen Einschränkungen) erfolgt die Untersuchung im Sitzen zur Untersuchung der Wirbelsäule und im Liegen zur Untersuchung der Beine.

Vor allem an den durch die Malformation betroffenen Extremitäten muss eine Untersuchung der passiven und aktiven Bewegungsausmaße der Gelenke mit der üblichen Neutral-Null-Methode erfolgen.

Zusätzlich zur Untersuchung im Stehen, Sitzen und Liegen sollte bei allen frei gehfähigen Patienten das Gangbild beurteilt werden. Hier können die Folgen einer Beinlängendifferenz oder von Kontrakturen funktionell, z. B. durch Hinken, dargestellt werden. Darüber hinaus kann aber neben dem sog. Verkürzungshinken durch unterschiedliche Extremitätenlängen gelegentlich auch eine weitere Form des Hinkens dargestellt werden: Das Schonhinken.

Ein Schonhinken ergibt sich durch den Versuch eine schmerzhafte Extremität zu entlasten. Viele Patienten mit Gefäßmalformationen leiden, z. B. durch wiederholte Entzündungen der Gefäße, unter teils chronischen Schmerzen.

Dabei kommt es nicht selten durch langjährige Einnahme einer Schonhaltung (z. B. Kniebeugung) zu einer Verkürzung der Muskulatur und einer Kontraktur. Patienten die von solchen Krankheitsverläufen betroffen sind, können beim Gang eine Kombination aus Verkürzungshinken (infolge von Beinlängendifferenzen und/oder Kontrakturen) und einem Schonhinken zeigen. Die unterschiedlichen Ursachen der auffälligen Gangbildes zu analysieren und zu bewerten erfordert eine gründliche Untersuchung und genaue Abwägung und ist auch dann im Einzelfall nicht immer endgültig möglich.

Die genauen Abläufe der Untersuchung einer möglichen Beinlängendifferenz, einer Skoliose oder einer Kontraktur werden in den folgenden Unterkapiteln besprochen.