Blutungstherapie

Chronische Blutungen sind ein häufiges Problem bei Patienten mit sehr ausgedehnten venösen Malformationen (VM), da sie oft neben einer Extremität zusätzlich auch die Darmschleimhaut des Rectums, des Colon sigmoideum und/oder des Colon descendens betreffen. Diese Darmbeteiligung äußert sich in Form einer kontinuierlichen massiven, zirkulären submukösen Ausdehnung der venösen Malformation unmittelbar unter der Schleimhaut von oberhalb des Anus nach proximal bis weit ins Colon. Schleimhautnahe venöse Malformationen neigen dabei zu Blutungen. Auch im HNO-Schleimhautbereich, vor allem in Mund und an der Zunge sowie in den oberen Luftwegen finden sich chronische Blutungsherde bei venöser Malformation. Seltener ist auch die Harnblasenschleimhaut betroffen, es treten hier rezidivierende Hämaturien auf.

Typisch ist dies bei Patienten mit ausgedehnten oder multifokalen venösen Malformationen oder bei VMCM-Patienten.

Erschwerend kommt bei Patienten mit VM am Enddarm manchmal noch eine erworbene Pfortaderthrombose hinzu. Sie entsteht durch mesenterialvenöse Thrombembolien über Kommunikationsvenen aus der im Darm gelegenen venösen Malformation, meist über Thromben in eine dysplastisch massiv erweiterte Vena mesenterica inferior. Der Rückstau über die dann entstehende portalvenöse Hypertonie setzt die an der Colon- und Rectumschleimhaut gelegenen venösen Malformationen zusätzlich unter Druck und führt zu einem weiter erhöhten Blutungsrisiko.

Patienten mit Blue-rubber-bleb-Naevus-Syndrom (Bean-Syndrom) haben ebenfalls häufige chronische Darmblutungen, hier sind die Herde der venösen Malformation wesentlich kleiner, meist sind es aber sehr viel mehr und die Ausdehnung des befallenen Darms ist auch größer und reicht diskontinuierlich bis in den oberen Gastrointestinaltrakt, vor allem auch im Dünndarm.

Patienten mit ausgedehnten venösen Malformationen können auch zusätzliche chronische Blutungen aus einer beteiligten Harnblasenschleimhaut oder aus gynäkologischen oder anderen Blutungsquellen mit venöser Malformation (meist vaginal) aufweisen.

Grundsatz der Blutungstherapie bei Patienten mit Gefäßanomalien ist zunächst das meist invasive Ausschalten der Ursache der Blutungen durch Verschluss der meist submukösen venösen Malformation.

Die endoskopisch gesteuerte Sklerosierung (Colon) oder Sklerotherapie in Direktpunktionstechnik (Rectum) der venösen Malformation an Darmschleimhaut oder Blase ist technisch möglich, aber schwierig und erfordert mehrere Sitzungen, manchmal in Verbindung mit endoskopischen Ligaturen oder Lasertherapien (Harnblase).

Insbesondere bei ausgedehnten rezidivierenden Blutungen, die so nicht therapierbar sind oder bei ganz ausgedehntem Befall, z. B. bei Blue-rubber-bleb-Naevus-Syndrom, ist eine teilweise Darmresektion, gegebenenfalls mit intraoperativer Darmeröffnung und Präparation sowie Resektion einzelner Herde, an einem interdisziplinären, spezialisierten Zentrum indiziert.

Urologische oder gynäkologische Blutungen werden analog direkt minimal-invasiv, endoskopisch invasiv oder offen operativ behandelt. Kombinationstherapien sind die Regel.

Besonders wichtig zur Blutungsprophylaxe beim Umschlagen einer LIC in eine disseminierte intravasale Gerinnungsstörung (DIC) ist die prophylaktische Heparin-Gabe vor größeren Eingriffen, da bei einer DIC sämtliche Gerinnungsfaktoren sehr schnell verbraucht sind. Die Blutung resultiert dann, da die Gerinnungsfaktoren nicht mehr schnell genug vom Körper nachproduziert werden können. Daher bei auffälligem Labor (hohe D-Dimere, niedriges Fibrinogen), ausgedehnter LIC und großer VM, Gabe des Heparin bereits mindestens 3 Tage vor einem Eingriff zur Prophylaxe des Umschlagens in eine DIC.

Bei einer ausgeprägten LIC und großer venöser Malformation, die in eine DIC umzuschlagen droht mit klinisch manifester Blutung, ist die Gabe von Antifibrinolytica (wie Epsilon-Aminocapronsäure oder Tranexamsäure) wenig effektiv. Es sollten gleich großzügig Gerinnungsfaktoren substituiert werden und gleichzeitig Heparin verabreicht werden. Antifibrinolytica haben sich gemäß der publizierten Literatur im Falle einer Blutung bei KMP ebenfalls als wenig wirksam gezeigt.

Eine weitere Patientengruppe, die zu rezidivierenden, manchmal arteriellen Blutungen neigen kann, sind Patienten mit arteriovenösen Malformationen (AVM), die ein fortgeschrittenes klinisches Stadium aufweisen (Schobinger-Grad 3) und damit ischämische Ulzerationen bzw. Wunden haben. Diese chronischen Wunden, meist an der unteren Extremität (bedingt durch den zusätzlichen hohen venösen hydrostatischen Druck durch die arteriovenösen Fisteln), heilen über lange Zeit nicht ab. Durch den hohen lokalen Blutdruck kann es zu starken Blutungen aus diesen Wunden kommen. Hier sind die Behandlung der Wunden (inklusive einer häufigen bakteriellen Superinfektion) und die Behandlung der AVM selbst mittels Embolisation und gegebenenfalls, wenn möglich, auch offenen Resektionen notwendig.

Die allgemeine medikamentöse Therapie der Blutungen unterscheidet sich ansonsten nicht spezifisch von der Blutungstherapie anderer Ursache. In erster Linie sind Volumenersatz zur Schockbehandlung und stoppen der Blutungsquelle (minimalinvasiv durch Angiographie, offen operativ, endoskopisch) erforderlich. Gegebenenfalls zusätzlich Gerinnungsfaktorenersatz, wenn unumgänglich Gabe von Frischplasma und/oder korpuskulären Blutbestandteilen.