Gelenkspathologien

  • Kapitel: Orthopädische Probleme bei Gefäßmalformationen

    Artikel: 4 von 9

    Update: 2020/03/05

  • Autor/en: Kertai, Michael Amir

Kommt es im Rahmen einer Gefäßmalformation zur Mitbeteiligung eines Gelenkes (häufig Kniegelenk) so kann sich das Krankheitsbild einer angiodysplastischen Arthropathie entwickeln.

Obwohl diese Krankheit im Einzelnen noch nicht ausreichend erforscht ist, kann auch durch Betrachtung anderer Krankheiten, die zur wiederholten Einblutung oder entzündlichen Mitreaktion in Gelenke führen (z. B. Blutgerinnungsstörungen), der weitere Verlauf gut prognostiziert werden. Es kommt dabei, auch getriggert durch entzündliche Mitreaktion der Synovia bei direkt an die Synovia reichende venöse Malformationen mit rezidivierenden Thrombophlebitiden, zu einer schnell progredienten Zerstörung des Gelenks bereits im jungen Alter.

Im Wesentlichen verläuft die angiodyplastische Arthropathie in Phasen:

  • Es kommt durch intraartikuläre Gefäßmalformationen zu wiederholten Einblutungen oder entzündliche Mitreaktionen in einem Gelenk.
  • Dies führt zu einer reaktiven Synovitis, die chronisch wird.
  • Die chronische Synovitis führt zu einer Zersetzung und Zerstörung des Gelenkknorpels.
  • Der subchondrale Knochen reagiert mit Abbauprozessen.
  • Mit dem Untergang des Gelenkknorpels beginnt der „Verschleiß“ des Gelenkes bis zum Vollbild einer Arthrose.

Diagnostik

Bei der Diagnose der angiodysplastischen Arthropathie steht die Anamnese im Vordergrund. Hierbei ist zu erfragen, ob es beim Patienten mit Gefäßmalformation insbesondere im Bereich des Kniegelenkes schon einmal (oder wiederholt) zu einem Gelenkserguss oder rezidivierenden Entzündungen gekommen ist. Wird dies positiv beantwortet, so kann davon ausgegangen werden, dass es sich um ein Hämarthros oder um eine Thrombophlebitis kniegelenksnah mit synovialer Mitbeteiligung gehandelt hat.

Als weitere Diagnostik spielt dann das MRT eine wesentliche Rolle, da hierdurch eine mögliche intraartikuläre Ausprägung der Malformation beurteilt werden kann und Hämosiderinreste in der Synovia in eisensensitiven Sequenzen nachgewiesen werden können.

Zur Planung der weiteren Therapie können noch spezifische Untersuchungen folgen.

Therapie

Eine tatsächliche Ausheilung der angiodysplastischen Arthropathie ist nur solange möglich, solange es noch nicht zu einer Zerstörung des Gelenkknorpels gekommen ist. Daher muss bereits bei der ersten Diagnose einer intraartikulären Beteiligung eine Therapie begonnen werden, um die schnelle Zerstörung des Gelenks zu verhindern.

Die Behandlung sollte stets interdisziplinär durchgeführt werden und bedarf einerseits einer interventionellen Therapie der periartikulären Gefäßmalformation, um Gefäßverbindungen in das betroffene Gelenk zu verschließen und den OP-Zugang zu erleichtern, andererseits einer chirurgischen Entfernung der peri- und intraartikulären Malformation und der veränderten Synovia (Synovektomie).

Die chirurgische Therapie kann entweder arthroskopisch oder offen erfolgen. Zwar hat das arthroskopische Vorgehen klare Vorteile bezüglich der postoperativen Rehabilitation, kann jedoch häufig aufgrund der ausgedehnten Befunde und der schwierigeren Blutungskontrolle nicht zur Anwendung kommen. Im Wesentlichen spielen zwei Faktoren eine Rolle, weshalb oftmals ein offenes Vorgehen gewählt werden muss:

  • Der ideale Zeitpunkt der Behandlung ist meist im Kleinkindalter angesiedelt, sodass aufgrund der geringen Größe des Gelenkes eine arthroskopische Operation technisch nur eingeschränkt möglich sein kann.
  • Große intraartikuläre Gefäßmalformationen mit anfänglich auftretenden Blutungen (auch bei angelegter Blutsperre) verschlechtern zusätzlich die Übersicht.

Bei bereits erfolgter Zerstörung des Knorpels muss zusätzlich zur Resektion der Malformation und zur Synovektomie eine Knorpelersatztherapie erfolgen. Dies stellt jedoch in den meisten Fällen keinen kurativen Ansatz mehr dar, sondern kann häufig die Entwicklung einer Arthrose nur hinaus zögern.

Als letzte Therapie ist bei bereits vorhandener Arthrose lediglich der Gelenkersatz mittels Gelenkendoprothese möglich.

Zusammenfassend muss bei einer angiodysplastischen Arthropathie zu einem frühestmöglichen, interdisziplinären Vorgehen geraten werden, ohne dass dabei aufgrund des meist jungen Alters der Patienten Kompromisse bezüglich der Aggressivität des Vorgehens eingegangen werden. Eine zu sparsame Therapie rächt sich im Nachhinein durch eine nicht mehr reparable Gelenkschädigung.