Differentialdiagnose — Arteriovenöse Malformation

  • Kapitel: Arteriovenöse Malformationen

    Artikel: 6 von 13

    Update: 2020/03/28

  • Autor/en: Uller, Wibke

Kapilläre Malformation

Eine einfache kapilläre Malformation (KM) ist durch eine alleinige rötliche Verfärbung der Haut ohne weitere Symptome gekennzeichnet. Da die für eine arteriovenöse Malformation (AVM) typische Überwärmung der Haut sowie eine Pulsatilität der Läsion und die sichtbaren ektatischen subkutanen Gefäße fehlen ist eine Abgrenzung zur arteriovenösen Malformation klinisch bereits möglich. In der Bildgebung ist die kapilläre Malformation eindeutig auf das Hautniveau beschränkt und meist gar nicht sichtbar aufgrund ihrer geringen Dicke, während die arteriovenöse Malformation alle Gewebsschichten und Organsysteme betreffen kann und immer einen Nidus mit deutlich dilatierten zu- und abführenden Gefäßen aufweist.

Traumatisch erworbene Gefäßveränderungen

Bei traumatisch erworbenen arteriovenösen Fisteln (AVF) oder Aneurysmen ist die Anamnese oft schon richtungsweisend. Ein klassischer netzartiger Nidus lässt sich in der Bildgebung zunächst nicht nachweisen, das Shuntareal ist deutlich umschriebener und meist einem Trauma zuzuordnen. Allerdings kann sich aus einer traumatischen arteriovenösen Fistel im weiteren Langzeitverlauf eine Läsion ähnlich einer arteriovenösen Malformation entwickeln. In diesen Fällen ist eine ausführliche Anamnese unerlässlich, denn nur mittels Bildgebung kann der Entstehungsgrund der arteriovenösen Malformation nicht immer detektiert werden.

Infantiles Hämangiom

Sollten die Fast-flow-Eigenschaften der arteriovenösen Malformation im Kindesalter noch nicht vollständig ausgeprägt sein, wäre die Fehldiagnose infantiles Hämangiom möglich. Sowohl ein infantiles Hämangiom als auch eine arteriovenöse Malformation sind bei Palpation überwärmt und im Falle einer Hautbeteiligung rötlich. Allerdings erscheint eine arteriovenöse Malformation im Kleinkindesalter als schwache kapilläre Rötung mit Teleangiektasien, das infantile Hämangiom leuchtet kräftig erdbeerfarbig. Während das infantile Hämangiom klassische Phasen durchläuft, direkt bei Geburt noch nicht nachweisbar ist und insbesondere in den ersten Lebensmonaten proliferiert, also klar größer wird, expandiert eine arteriovenöse Malformation kaum im ersten Lebensjahr und weist keine tumor-ähnliche, solide Konfiguration auf. Dieser Unterschied zeigt sich auch in der Bildgebung: Im Gegensatz zur arteriovenösen Malformation erscheint das infantile Hämangiom in der MRT insbesondere in der Proliferationsphase als fokale klar abgrenzbare, homogene, solide Masse mit Flow-voids.

Kongenitale Hämangiome

Im Gegensatz zum infantilen Hämangiom sind diese Hämangiome bei Geburt bereits völlig ausgebildet und sichtbar. Sie durchlaufen postnatal entweder einen schnellen Regress (RICH: rapidly involuting congenital hemangioma) oder bleiben unverändert (NICH: non-involuting congenital hemangioma). Aufgrund des schnellen Regresses ist ein RICH klinisch gut von einer arteriovenösen Malformation differenzierbar.

Das NICH ist manchmal nicht sofort von einer arteriovenösen Malformation der kleinen Gefäße abgrenzbar. Allerdings erscheint es als klar abgrenzbarer, solitärer Tumor. Im weiteren Gegensatz zur arteriovenösen Malformation wächst dieser Tumor proportional mit dem Wachstum des Kindes und zeigt sich meist als voluminöse dunkelrote bis bläuliche Hautläsion mit einem hellen Randsaum. In der MRT erscheint ein NICH wie ein infantiles Hämangiom. Im Gegensatz zur arteriovenösen Malformation weist es allerdings einen tumor-ähnlichen parenchymalen Blush auf. Darüberhinaus sind die zuführenden Arterien deutlich schmalkalibriger und eine sofortige, frühe venöse Kontrastierung ist nicht nachweisbar.

Daneben sollte natürlich zwischen einer alleinigen arteriovenösen Malformation und einem entsprechenden Syndrom mit zusätzlichen Anomalien anderer Gewebe oder Gefäße differenziert werden (Parkes-Weber-Syndrom, CM-AVM, CLOVES-Syndrom, HHT · Morbus Osler).